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Channel: lostplaces - vergessene orte
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Linktipp: „Abandoned Berlin“

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Diesen interessanten Blog habe ich durch einen "Tagesspiegel"-Artikel entdeckt. Hier ein kurzer Auszug aus dem Text dazu: „Er (Ciarán Fahey) überwindet Absperrungen, verschließt die Augen vor den Betreten-verboten- Schildern der Stadt und des Umlands. Er sucht gezielt nach verlassenen Orten, die für die Öffentlichkeit normalerweise unzugänglich bleiben. Fahey fotografiert sie, beschreibt die Atmosphäre und veröffentlich alles zusammen auf seinem Blog „Abandoned Berlin“ – verlassenes Berlin. Die britische Tageszeitung The Guardian hat seinen Blog gerade zu einem der besten der Welt gekürt - als einzigen in Deutschland.“ 

Aber seht selbst - hier erwartet euch wirklich ein toller Blog!

Abandoned Berlin (Link > Klick!)

Linktipp: Geführte Lostplace-Fototouren an geheimen Orten

Kroatien: Vila Cesare in Savudrija

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Ganz in der Nähe des malerischen Hafenstädtchens Savudrija in Istrien/Kroatien befinden sich die traurigen Überreste eines ehemals stolzen Herrenhauses: die sogenannte Vila Cesare oder auch Stancija Grande.

Die Vila Cesare bzw. Stancija Grande im August 2015


Im Auftrag der kroatischen Denkmalschutzbehörde hat Petar Puhmajer im Jahr 2011 eine Studie zur Geschichte dieses Gebäudeensembles erstellt. Laut Puhmajer entstand das Anwesen in mehreren Phasen. Die Ursprünge gehen auf ein erstes Gebäude, die Vila Borozija, zurück. Mitte des 19. Jahrhunderts ging diese in den Besitz von Angelo Fabris (di Begliano), ein Edelmann aus Piran, über. Fabris baute auf den Grundmauern des ursprünglichen Anwesens eine Anlage zur Seidenraupenzucht auf: Es entstanden ein Landhaus und Stallgebäude.

Im Jahr 1877 kaufte der Triester Reeder und Unternehmer Carlo Cesare das Anwesen mit den angrenzenden Ländereien von über 80 Hektar. Er baute das Landhaus in der Folgezeit großzügig aus. Im westlichen Teil entstand seine eigene Residenz, wogegen im östlichen Flügel die Unterkünfte für die Bediensteten Platz fanden. Außerdem fügte Cesare im Mittelteil des Gebäudes den charakteristischen Turm ein, der in seinen Stilelementen dem Schloss Miramare und dem Zeughaus in Triest nachempfunden ist. In den herrschaftlichen Räumen ließ Cesare bis hinein in die 1920er und 1930er Jahre prächtige Wandmalerein anbringen, die zum Teil auch noch heute sichtbar sind. Unter Cesare wurde außerdem ein prächtiger Lustgarten angelegt.

Alte Ansicht des Herrenhauses
(Link zum Originalbild)

Die Familie Cesare hatte noch weitere Besitztümer und war eine der bedeutendsten Familien in der Region. Vom Hafen in Savudrija führt noch heute ein von Lorbeerbüschen gesäumter idyllischer Weg direkt zur Vila Cesare, auf dem einst die Touristen in Kutschen vom Dampfschiff zur Villa gefahren wurden (später dann mit einem der ersten in dieser Gegend vorhandenen Automobil). Auch sonst fanden die modernsten Errungenschaften der Technik Einzug in die Villa, so verfügte das Haus zum Beispiel schon sehr früh über fließendes Wasser und besaß noch bevor der Ort Savudrija 1936 die erste Stromleitung erhielt ein eigenes Elektroaggregat für die Beleuchtung und für einen modernen Radioapparat.

Während des Zweiten Weltkrieges verließ die Familie Cesare den Ort Savudrija und damit auch das Herrenhaus, das noch heute ihren Namen trägt. Mit dem Weggang der Familie begann leider auch der Verfall des Anwesens. Die gesamte Anlage wurde sich selbst überlassen und verfiel nach und nach. Seit Ende des letzten Jahrhunderts ist das Anwesen jedoch geschütztes Kulturerbe Kroatiens und man ist bemüht den Verfall zu stoppen.

Heute präsentiert sich das Anwesen weitgehend verwildert. Ein Großteil des Westflügels ist nahezu komplett verfallen, es stehen nur noch einige Fragmente der Außenmauern. Der Mittelteil des Gebäudeensembles ist in seinen Außenmauern noch relativ komplett erhalten, wobei auch hier das Dach zum Teil eingestürzt ist und die einzelnen Etagen dadurch erheblich beschädigt sind. Auch der Ostflügel ist in weiten Teilen verfallen. Lediglich auf der Rückseite des Gebäudes sind einige Teile noch recht vollständig erhalten und scheinen zum Teil sogar bewohnt. Hier einige Impressionen aus dem August 2015:




Das aufwändig gestaltete Eingangsportal



Frontansicht des Gebäude-Mittelteils


Überreste des Westflügels


Hinterer Gebäudeteil am Westflügel

Gebäuderückseite Mittelteil

Rückansicht des Gebäude-Mittelteils

Rückwärtige Anbauten


Vor ein paar Jahren entstand die Idee, das gesamte Anwesen zu einem modernen Golf-Resort auszubauen. Ein Golfplatz mit 18 Löchern sollte entstehen und das ehemalige Herrenhaus solte zu einem exklusiven Clubhaus mit 20 Betten umgebaut werden. Das Projekt war mit einem Investitionsvolumen von rund 700 Millionen Kuna kalkuliert (ca. 100 Mio €), ist jedoch bis heute nicht begonnen worden. Die folgenden beiden Projektzeichnungen finden sich in der Projektbeschreibung und zeigen das Herrenhaus in seiner ganzen (ehemaligen) Pracht:

Projektzeichnung Golf-Clubhaus
(Link zum Originalbild)

Projektzeichnung perspektivisch
(Link zum Originalbild)

Ob das Golf-Projekt jedoch jemals realisiert wird, steht in den Sternen. Für das alte Herrenhaus tickt die Uhr allerdings gnadenlos herunter - sollte hier in naher Zukunft nicht mit der Sicherung bzw. Renovierung begonnen werden, so werden sicher schon sehr bald weitere Gebäudeteile einstürzen und der Erhaltungsaufwand wird immer größer und kostspieliger.


Quellen: www.istria.hr; www.m-chanaan.hr; www.glasistre.hr; www.sonnwell.de; www.h-r-z.hr; Fotos: eigene (August 2015) bzw. entsprechend gekennzeichnet

Kroatien: Ehemalige Schule in Krasica

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Dieses ehemalige Schulgebäude haben wir rein zufällig entdeckt. Es liegt direkt an der Durchgangsstraße. Vor der Schule auf dem Rasen haben wir ein altes Klassenbuch aus dem Schuljahr 1992/93 gefunden. Es lag dort zusammen mit ein paar alten Unterrichtsbüchern.

Über die Schule selbst konnte ich nichts in Erfahrung bringen; das Klassenbuch sagt allerdings aus, dass es sich bei der Schule um eine Grundschule mit den Klassen 1 bis 4 handeln müsste...


















Fotos: eigene (August 2015)

Westerhorn - Das Toepffersche Gut

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Westerhorn existiert schon lange nicht mehr. Heute erinnert nur noch ein Schild mit der Aufschrift „Ehemals Westerhorn“, das direkt neben den Überresten eines verfallenen Gebäudes und mitten auf dem Truppenübungsplatz Munster steht, an diesen Ort. Doch die Geschichte Westerhorns, die mit der Besiedlung und Kultivierung der kargen Heideflächen vor über 100 Jahren begann, hätte auch ganz anders verlaufen können…

Die letzten Überreste von Westerhorn auf dem Truppenübungsplatz Munster
(Link zum Originalbild)


„Auf dem ehemaligen stillen Heidegebiet, welches unberührt in tiefer Einsamkeit lag, erheben sich heute weithin sichtbar eine Reihe Gebäude aus Eisenbeton, die land- und fortwirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt sind. Es ist in der Tat zu bewundern, was die Kraft eines einzelnen vermag, und wer jemals in die Nähe dieses Fleckchens Erde kommen sollte, der sollte nicht verfehlen, sich diese interessante Anlage näher anzusehen. Fern von allen menschlichen Wohnungen und abseits von dem Geräusche der Welt erheben sich hier als Zeichen rastlosen Schaffens stattliche Gebäude, nach der neuesten Bauweise ausgeführt, deren Zweck es ist, die Kultur in die Wüstenei zu tragen und Raum und Nahrung zu schaffen für künftige Geschlechter.“

Das hier von einem unbekannten Verfasser so blumig beschriebene Fleckchen Erde ist das von Richard Toepffer um 1900 aufgebaute Gut Westerhorn zwischen Lopau und Lintzel, bzw. Brockhöfe-Bahnhof.
Über Richard Toepffer erfährt man aus einer kleinen Biografie von Manfred Beckert folgendes: Toepffer wurde am 27. Mai 1840 in Stettin geboren (er starb am 19. Juni 1919 in Magdeburg).

Richard Toepffer
(Link zum Originalbild)

Schon in jungen Jahren interessierte er sich für die Landwirtschaft. Toepffer besuchte 1862 die Weltausstellung in London und informierte sich während seines Aufenthalts dort über das zu dieser Zeit gerade aufkommende landwirtschaftliche Maschinenwesen. Hier lernte er John Fowler, den Erfinder des Dampfpfluges, kennen und trat in die Dienste dessen Firma ein. Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 bemühte sich Toepffer um die Einführung des Dampfpflügens in Deutschland. Mitte der 1890er Jahre übernahm Toepffer dann in Lopau einen alten Heidehof. Er baute das Anwesen in den folgenden Jahren zu einem 3.000 Morgen großen repräsentativen Landsitz aus, um dort die zu dieser Zeit modernste Landmaschinentechnik demonstrieren zu können. In diesem Zuge entstand Anfang 1900 auch das südlich von Lopau gelegene Gut Westerhorn.


Das Gut Westerhorn auf einer alten Karte
Aktuelles Luftbild

Alte Karte über das aktuelle Luftbild gelegt

Die einsame Lage „mitten im Nichts“ ließ den Bauherrn zu bis dato recht ungewöhnlichen Mitteln greifen: die Gebäude wurden zu einem großen Teil aus Stahlbeton gebaut und nicht, wie sonst zu dieser Zeit üblich, in Ziegelbauweise. Für die Heranschaffung der Baumaterialien ließ Toepffer sogar eigens eine Feldbahnstrecke vom Bahnhof Brockhöfe nach Westerhorn verlegen. Die Bauten wurden von der Firma Benhöfer aus Hanstedt bei Ebstorf ausgeführt.

Diese und die nachfolgenden Informationen  und Skizzen über Westerhorn habe ich zu einem Großteil Hermann Aevermann zu verdanken, dessen familiäre Wurzeln zum Teil in Lopau liegen. Er stellte mir dankenswerter Weise einen Bericht aus dem Buch „Die Toepfferschen Heidekulturen in Lopau – gesammelte Berichte“ zur Verfügung. In diesem Band sind verschiedene Artikel und Aufsätze über Lopau und Westerhorn aus den Jahren von 1899 bis ca. 1907 gesammelt, die zuvor in Fachzeitschriften oder Zeitungen veröffentlicht waren. Die folgende Auflistung dieser Berichte verdeutlicht das damalige große Interesse an den Toepfferschen Unternehmungen und unterstreicht deren Bedeutung für die landwirtschaftliche Entwicklung zu Beginn des 20. Jahrhunderts:

1. „Hannoversches Land- und Forstwirtschaftliches Vereinsblatt“ aus dem Jahre 1899; 2. Besuch vom „Landwirtschaftlichen Verein Rotenburg“ im Jahre 1899; 3. Bericht im „Vereinsblatt des Heide-Kulturvereins für Schleswig-Holstein“ von Oberförster Emels, Flensburg 1903 und 1909; 4. Bericht des Kgl. Amtsrat von Schneden in „Deutsche landwirtschaftliche Presse“ von 1900; 5. Besuchsbericht von Landwirtschaftsminister Freiherr von Hammerstein-Loxten vom 19. Mai 1900; 6. „Hannoversche Tagesnachrichten“ vom 27. Juni 1900; 7. Exkursion des „Landwirtschaftlichen Vereins Schneverdingen“  vom Juni 1903; 8. „Hamburger Fremdenblatt“ vom 4. Mai 1903; 9. Bericht von Dr. Fr. Giesberg, Berlin, in Lopau, vom Juni 1903: „Die Toepfferschen Heidekulturen in Lopau“; 10. Beilage zu „Neueste Nachrichten Magdeburg“ vom 14. und 17. Juni 1903: „Ein deutscher Landwirt!“; 11. Fachblatt „Zement und Beton“, Berlin, von August 1903: „Eisenbetonbau im Dienste der Forst- und Landwirtschaft“; 12. Bericht vom K&K Oberverwalter Dipl. agr. L. Aher, Wien, 1905: „Lüneburger Heide! Deutsche Sahara!“;  13. Wirtschaftsberatung der „Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft für die Ökonomie in Westerhorn“.


Über die Baumaßnahmen auf dem Toepfferschen Gut Westerhorn erfährt man vom eingangs schon zitierten unbekannten Verfasser viele interessante Details. Ich vermute, dass es sich um den Bericht aus dem Fachblatt „Zement und Beton“ handelt, da hier unter anderem sehr detailliert über die Bauausführungen eingegangen wird. Ich beschränke mich im Folgenden aber auf die Beschreibung der Gebäude. So erfährt man über das wohl imposanteste Gebäude auf Gut Westerhorn, das Verwaltungsgebäude, folgendes:


Das Verwaltungsgebäude auf Gut Westerhorn
(Eigene Aufnahme, von der Infotafel in Lopau abfotografiert)
Diese Zeichnung ist ebenfalls von der Infotafel abfotografiert und nachbearbeitet

Das geräumige Verwaltungsgebäude, welches augenblicklich noch im Bau begriffen ist, ist sehr zweckentsprechend mit der Front nach dem großen Gutshof zu gelegen. Das Äußere desselben ist geschmackvoll gegliedert, wie auf unserem Bild 5 zu sehen ist. Der Grundriss dieses Gebäudes, den wir stockwerksweise in Bild 6 wiedergeben, zeigt, dass der Ausnutzung des Raumes besondere Aufmerksamkeit gewidmet ist. Das Gebäude wird nach Fertigstellung mit Zentralheizung versehen, welche im Kellergeschoss neben der Waschküche untergebracht ist. Es enthält außer einer geräumigen Inspektorwohnung, den Geschäftsräumen und einem Versammlungssaal einige Zimmer für die Herrschaft.


Abbildung 5 aus dem Buch „Die Toepfferschen Heidekulturen in Lopau – gesammelte Berichte“
Abbildung 6 aus dem Buch „Die Toepfferschen Heidekulturen in Lopau – gesammelte Berichte“

Dem Verwaltungsgebäude gegenüber befindet sich am anderen Ende des etwa 120 m langen Gutshofes das Arbeiterwohnhaus für die forst- und landwirtschaftlichen Arbeiter, dessen äußere Ansicht und Einteilung wir unseren Lesern in den Bildern 7 und 8 vorführen. Bei aller Einfachheit der Ausschmückung zeigt sich doch auch hier das Bestreben des Bauherrn und seines Architekten, Bauinspektors Emil Jaehn von der [Magdeburger] Architekten-Firma Cornelius & Jaehn, dem Auge ein gefälliges Äußeres darzubieten. Das Wohnhaus enthält vier geräumige Arbeiterwohnungen, von denen eine jede aus einer Wohnstube und zwei Schlafstuben nebst einer Küche besteht. Das Obergeschoß dieses Gebäudes bildet einen einzigen großen Raum, der einstweilen als Korn- und Futterschüttboden praktische Verwendung findet. Die Eisenbeton-Zugangstreppen zu diesem Boden liegen abgesondert außen an den Giebelseiten des Hauses. Unter den Treppen sind die Aborte und Gerätekammern zweckmäßig untergebracht, so dass auch dieser Raum nach Möglichkeit ausgenutzt wird. […] Die Küchen dieses Wohnhauses sind unterkellert, so dass zu jeder Wohnung ein geräumiger und luftiger Kellerraum gehört, gewiss eine Annehmlichkeit für die Bewohner, welche man sonst in Arbeiterwohnhäusern selten findet.

Abbildung 7 und 8 aus dem Buch „Die Toepfferschen Heidekulturen in Lopau – gesammelte Berichte“

Den Hauptteil der ganzen Anlage bilden die großartig angelegten Ställe für Zucht- und Mastschweine sowie die damit in Zusammenhang stehenden Bauten. Unser Bild 11 stellt die äußere Ansicht dieser Gebäudeflucht dar. Auch hier war man, wie aus der Zeichnung ersichtlich ist, bestrebt, ein gefälliges Äußeres mit einfachen Mitteln zu erzielen. Nach der Nordseite zu befinden sich zunächst die Schweineställe. Die Räume für die Zucht- und Mastschweine sind von einander durch eine geräumige Futterküche getrennt, in welcher das Futter für die Tiere zubereitet wird. Unter der Futterküche befindet sich ein großer Kellerraum, welcher zur Lagerung von Kartoffeln und anderem Rohfutter für die Schweine dient. An die Futterküche schließen sich nach Osten zu die Ferkelställe an, welche in einem Flügelbau untergebracht sind. Dieser Flügelbau ist von allen Seiten mit einem geräumigen Laufhof für die Tiere umgeben. […]

Abbildung 11 aus dem Buch „Die Toepfferschen Heidekulturen in Lopau – gesammelte Berichte“

Für den Landwirt bietet überhaupt die Anlage dieser Ställe viel Sehenswertes und wird wahrscheinlich dieser Musterstall, wenn er erst im Betriebe ist, einen Anziehungspunkt für die beteiligten Kreise bilden.
An die Schweineställe schließen sich nach Süden zu Pferde- und Kuhställe an, sowie Wohnräume und Küche für die zeitweilig beschäftigten forst- und landwirtschaftlichen Arbeiter und die den Familien der vier Gutsleute zur Benutzung überwiesenen Viehställe, Holzställe und Kartoffelkeller.  In dem gleichen Gebäude ist auch das Back- und Waschhaus für die Arbeiter untergebracht. Die ganze Gebäudeflucht dieses Hauptstallgebäudes ist etwa 85 m lang. […] Auch hier ist das Dachgeschoß zum großen Teile landwirtschaftlichen Zwecken dienstbar gemacht. Die durchweg hellen und luftigen Bodenräume werden zur Aufbewahrung von Stroh und Rauhfutter benutzt. Unser Bild 12 gibt den Grundriss dieses Gebäudes in allen Einzelheiten wieder und eine Ansicht des Nordgiebels, mit welcher gleichzeitig die Ansicht des Flügelbaues, welcher die Ferkelställe enthält, verbunden ist. […]

Abbildung 12 aus dem Buch „Die Toepfferschen Heidekulturen in Lopau – gesammelte Berichte“

Dem Gebäude gegenüber befinden sich an der Längsseite des Hofes 2 Schuppen, von denen der eine, aus Beton hergestellt, zur Einstellung des Dampfpflugapparates und als Reparaturwerkstatt benutzt wird, während der andere, aus Holz erbaut und nach der Hofseite zu offen, als Geräteschuppen für die sonstigen landwirtschaftlichen Maschinen und die Ackerwagen dient. […] Der Dampfpflugschuppen ist 25 m lang und 15 m breit und ohne jede Stützsäule im Inneren, damit die Dampfpfluglokomotiven sich frei darin bewegen können. […] 

Abbildung 14 aus dem Buch „Die Toepfferschen Heidekulturen in Lopau – gesammelte Berichte“


In dem Dampfpflugschuppen, dessen Anordnung unser Bild 14 zeigt, ist ein vierpferdiger Benzinmotor aufgestellt, welcher eine doppelt wirkende Pumpe für die Wasserleitung, sowie eine Bohrmaschine und Drehbank, eine Futterschneidemaschine, eine Schrotmühle und einige kleinere Maschinen zu landwirtschaftlichen Zwecken betreibt.

Der Gutshof wird nun um das Verwaltungsgebäude herum mit einer Parkanlage und an den Längsseiten mit Obstbau und Gemüseanpflanzungen umgeben, auf welchen die Gutsleute ihre Bedürfnisse an Gemüsen ziehen.


Das den Fachmann am meisten Interessierende dürfte bei vorstehend beschriebenen Bauten wohl sein, dass Toepffer mit außerordentlich einfachen Mitteln diese Bauten hergestellt hat […]. Jedenfalls haben diese Bauten den Vorzug, dass sie dem Schaffensgeiste eines einzelnen ein glänzendes Zeugnis ausstellen, und dass die aufgewendeten Mittel dem Verwendungszweck entsprechend angepasst sind. Was die Kosten der Bauten anbelangt, so stehen uns genauere Angaben darüber zwar nicht zu Gebote, jedoch hat uns der Erbauer versichert, dass dieselben sich erheblich niedriger als bei Ziegelbauten stellen. […]

Vielleicht kommt dereinst die Zeit, wo der zukünftige Bewohner der Lüneburger Heide mit Stolz diese ersten Bauwerke aus Eisenbeton dem Fremden als besondere Merkwürdigkeit zeigt, weil sie die erste Anregung gegeben haben, den Eisenbetonbau in der Lüneburger Heide einzubürgern, welche mangels geeigneter sonstiger wetterbeständiger Baustoffe in erster Linie berufen ist, ihm eine besondere Förderung angedeihen zu lassen.


Doch es kam anders. Wie eingangs schon erwähnt, ist von Westerhorn heute so gut wie nichts mehr geblieben. Durch die Ausdehnung des Truppenübungsplatzes Munster lag Westerhorn letztlich mitten Sperrgebiet. Das benachbarte Lopau erfuhr ein ähnliches Schicksal, durch die Randlage am Truppenübungsplatz sind hier allerdings einige wenige Gebäude erhalten geblieben. Während Lopau zumindest noch auf einigen Landkarten verzeichnet ist, ist Westerhorn längst ausgelöscht und nur einigen wenigen überhaupt noch ein Begriff.


Quellen: Artikel „Eisenbetonbau im Dienste der Forst- und Landwirtschaft“ (vermutlich!) aus dem Fachblatt „Zement und Beton“, Berlin, von August 1903; sowie Informationen von Hermann Aevermann. Fotos und Skizzen: wie angegeben.

Pavillon und Ehrenmal in Söder

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In unmittelbarer Nähe zum Schloss Söder steht etwas abseits des Weges ein interessanter Pavillon aus dem Jahr 1790. Leider ist von der einstigen Pracht und Schönheit heute nicht mehr viel zu sehen. Der Zustand dieses Bauwerks ist ziemlich besorgniserregend. Immerhin wurde die marode Dachkonstruktion vor einiger Zeit mit einer Plane abgedeckt, sodass hier der weitere Verfall wohl zumindest für den Moment gestoppt scheint.

Der Pavillon im September 2015
Friedrich Moritz von Brabeck
[Link zum Originalbild]

Bauherr des Pavillons war Friedrich Moritz von Brabeck, in dessen Besitz sich zur damaligen Zeit das Schloss in Söder befand und der es bis 1791 großzügig aus- und umbauen ließ. Er gab ihm seine bis heute erhaltene Gestalt. Von Brabeck war es auch, der einen Landschaftsgarten anlegen ließ, welcher sich an einer Allee, die auf einer Achse mit der Zufahrt zum Schlosshof lag, erstreckte.

Allee mit alten Eichen am Klappenberg

Vom Schloss aus führt noch heute diese breite Allee, von wunderschönen alten Eichen gesäumt, den Klappenberg hinauf. Auf der Anhöhe des Klappenbergs durchschneidet die Allee ein Wäldchen, in dem sich einige Staffagebauten befanden. Aus der Dissertation von Stefanie Andersüber Schloss Söder erfährt man folgende Details zu diesem Landschaftsgarten. So gab es dort z. B. einen künstlichen Baum, der von innen begehbar war, und als Aussichtspunkt genutzt werden konnte. Weiterhin gab es einige Gedenksteine und Urnen, einen „gotischen“ Turm, die Ruine einer Bauernhütte und einen Freundschaftstempel „in Form eines Oktogons mit kliener Kuppel und vorgeblendetem Peristyl“. Weiter heißt es: „Das Äußere wirkt schlicht, während sich im Inneren Stuckaturen befinden“. Von Brabeck widmete diesen Bau seiner Gemahlin. In einer Publikation von Carl Gottlieb Horstig aus dem Jahre 1799 wird das Bauwerk näher beschrieben: „[...] Es ist eine Rotonde, deren Peristyl ein von zwey Dorischen Säulen getragener Fronton erhebt. Dieser mit Kunst angelegte und mit Geschmack verschönerte Tempel ist inwendig in Stuk gearbeitet, der den Granit nachahmt. Sechzehn Säulen tragen den oberen Vorsprung und einen schönen Kranz. Acht Fenster dienen zur Erleuchtung. Die Decoration ist einfach aber gefällig und schlank.“ Laut Horstig wurde der Tempel als Ort des bewussten Rückzugs, der gesellschaftlichen Zusammenkunft und des Austauschs über Bildung und Kunst genutzt.


Ehrenmal am Wegesrand
Inschrift am Ehrenmal

Direkt an der Weggabelung zum Pavillon hin steht noch heute ein imposanter Gedenkstein, der an den Besuch eines guten Freundes von Brabeck erinnert, nämlich an den italienischen Kardinal Giovanni Battista Caprara. Die Inschrift auf dem Stein heißt übersetzt in etwa: Der Freundschaft Dem Grafen von Caprara zum Gedenken an seine Ankunft in Söder 29. Juni 1791. Auch über dieses Ehrenmal hat Horstig berichtet: „Als der Cardinal von Caprara das glückliche Italien verließ, um die Wohnung seines Freundes Brabeck im Norden zu besuchen, fand er  hier bey seiner Ankunft ein kleines Denkmal, welches die  Freundschaft ihm errichtet hatte. Zwey Säulen tragen einen Fronton, der über einer Art von flacher Nische steht, worin eine einfache  Inschrift die Gefühle ausdrückt, welche diese kleine Architecturstück geschaffen haben.“ Wenn man dem Weg am Gedenkstein vorbei folgt, erreicht man wenig später den alten Pavillon.


Der Pavillon - im Bildhintergrund sieht man Schloss Söder
Hier geht's nicht mehr weiter

Vom erhöhten Standort des Pavillons kann man noch heute einen herrlichen Blick über die schöne Landschaft um Söder genießen. Auch das in rund 1.000 m Entfernung gelegene Schloss hat man von dort gut im Blick. Das Portal des Pavillons ist mit den römischen Ziffern „MDCCXC“ (also 1790) verziert. Über dem Eingang war in lateinischer Schrift folgender Vers von Politian zu finden:
Felix ille animi, divisque simillimus ipsis,
Quem non mendaci resplendens gloria fuco
Sollicitat, non fastosi mala gaudia luxus.
Sed tacitos sinit ire dies, et paupere cultu
Exigit innocuae tranquilla silentia vitae.
Übersetzt heißt es in etwa:
Glücklich ist der im Gemüt, und gleich den ewigen Göttern,
den des glänzenden Ruhms betrüglich spielende Farben,
und hochmütiger Pracht verderbliche Freuden nicht reizen.
Ihm entfliehet geräuschlos der Tag, in ärmlicher Kleidung
blühet dem Schuldlosen stets in stiller Ruhe das Leben.

Bleibt zu hoffen, dass sich in naher Zukunft ein Retter für dieses interessante Bauwerk findet, bevor es ganz in sich zusammenfällt.

Ein Blick ins Innere des Pavillons aus dem Oktober 2010.
Foto: Hansjörg Wesche [Link zum Originalbild]


Quellen: Fotos eigene (September 2015) soweit nicht anders gekennzeichnet. Texte: Dissertation von Stefanie Anders; Wikipedia

„Der Schinder“ - Ein Lostplace-Thriller

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Nein, „Der Schinder“ ist kein neuer Lostplace von dem ihr bislang nur noch nichts gehört habt - „Der Schinder“ ist der Titel des neuen Romans von Nadine d'Arachart und Sarah Wedler. Einigen von euch werden diese beiden Autorinnen vielleicht schon bekannt sein, denn mit diesem Buch erscheint ihr inzwischen zehnter gemeinsamer Roman.

Weshalb ich aber nun gerade hier eine Buchvorstellung schreibe hat einen ganz besonderen Grund: Die Orte der Handlung in diesem neuen Thriller sind nämlich gute „alte Bekannte“ für jeden Lostplace-Fan! Neben den Beelitzer Heilstätten kommen z. B. auch der Teufelsberg, der Spreepark Plänterwald oder das Olympische Dorf von 1936 darin vor.

In „Der Schinder“ ermittelt Kommissarin Daria Storm zusammen mit Maxim Winterberg, einem Experten für mittelalterliche Foltermethoden, in einer grotesken Mordserie. An den schon erwähnten Lostplaces in und um Berlin werden nach und nach grausam verstümmelte Leichen gefunden, die die Ermittler an einen Killer erinnern, der Jahre zuvor schon einmal sein Unwesen getrieben hat, und der noch eine Rechnung offen zu haben scheint...

Die beiden Autorinnen haben mir mit einer (leider viel zu kurzen!) Leseprobe bereits den Mund wässrig gemacht. Schon diese wenigen Seiten haben mich begeistert und gefesselt. Die Lostplace-Schauplätze werden sehr detailliert beschrieben, was die Handlung gerade für diejenigen, die selbst schon einmal an diesen Orten waren, vielleicht sogar noch etwas eindrücklicher macht.

Buchcover „Der Schinder“

Leider (leider!) ist allerdings noch ein wenig Geduld erforderlich, denn das Buch ist erst ab dem 16. November als Taschenbuch (ISBN: 978-3959150101) für 9,99 € bzw. als E-Book für 8,99 € zu haben. Interessant für diejenigen von euch, die in und um Bochum herum wohnen, ist noch ein weiterer Termin: Am 17. November findet im Bochumer Zeiss-Planetarium nämlich eine Lesung der beiden Autorinnen statt, zu der es hier weitere Informationen gibt. Für mich ist das leider zu weit weg, sonst wäre ich gern mit dabei.

„Der Schinder“ landet auf jeden Fall auf meinem Wunschzettel - und vielleicht ja auch auf eurem ;-)

Weitere Infos zu Nadine D'Arachart und Sarah Wedler gibt es auf ihrer Webseite: www.write-fever.de

Der Niedersachsenstein

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Der Niedersachsenstein auf dem Worpsweder Weyerberg ist kein klassischer Lostplace, denn das 1922 fertiggestellte Denkmal existiert in nahezu ursprünglicher Form noch heute.

Der Niedersachsenstein im September 2015

Allerdings kann man wohl behaupten, dass es sich bei diesem Denkmal um einen zumindest fast vergessenen Ort handelt. Bei unserem Besuch im September 2015 hatten wir jedenfalls einige Mühe überhaupt dorthin zu gelangen. Eine Ausschilderung sucht man vergebens, und wenn man nicht stunden- bzw. kilometerlang umherwandern möchte, ist man auf Auskünfte Ortskundiger angewiesen. Zur Zeit seiner Entstehung war der Niedersachsenstein an seinem Standort auf der Spitze des Weyerbergs von weither zu sehen. Heute jedoch steht er gut versteckt inmitten eines dichten Waldes.

Der Niedersachsenstein als Postkartenmotiv
Der Niedersachsenstein kurz nach der Fertigstellung 1922
Der Niedersachsenstein kurz nach der Fertigstellung 1922


Zur Entstehungsgeschichte des Denkmals lohnt sich die Lektüre eines Aufsatzes von Dietrich Schubert mit dem Titel „Die Wandlung eines expressionistischen Krieger-Denkmals: Bernhard Hoetgers Niedersachsenstein 1915-1922“. Aus diesem Aufsatz zitiere ich nun im folgenden. 

Das Denkmal aus rötlichen Ziegelsteinen, wie es ausgeführt wurde und wie es sich heute präsentiert, ist 15 m hoch. Der Hauptteil erhebt sich über einem sockelartigen Unterbau, der nach rechts und links ausgezogen ist, um Treppen bilden zu können. Der Hauptteil, der aufragt, zeigt ein polymorphes Wesen, keine Menschengestalt, keine Zaubergestalt eines Mythos, am ehesten vergleichbar einem riesigen fremdartigen Vogel, der seine Flügel vom Körper weg zur Seite hält. Dieser Hauptteil erhebt sich über dem Sockel, ist aber unten durchgehbar, d.h. von den seitlich ausgezogenen Plattformen kann der Besucher das Monument im unteren Teil durchschreiten. Der Unterbau ist nach Westen hin kubisch verstärkt, um eine Fläche für die Inschrift, für die nötige Konnotation zu tragen: «NIEDERSACHSENSTEIN»; darunter in zwei Zeilen der Satz aus dem Evangelium des Johannes, Kap. 15, Vers 13: «Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben lasset für seine Freunde». Ursprünglich war die Kuppe des Weyerberges nur von Gras bewachsen, so daß das Denkmal in allen Einzelheiten gut sichtbar wirkte. Um das Monument herum bildete Hoetger nämlich einen Ring von Findlingen, mehr oder weniger runden Steinen, von denen jeder für einen Gefallenen steht, indem er die Buchstaben der Heimatgemeinde, den Namen des Gefallenen, das Datum des Kriegstodes, ein Kreuzchen und die Abkürzung des Landes, in dem er fiel, trägt. Insgesamt finden wir 173 Totensteine. Bei der Einweihung und bei Feiern trugen diese Steine die Trauerkränze der Hinterbliebenen, wie alte Fotos dokumentieren können.

Wie Hoetger auf Anfrage selbst schrieb, handelt es sich bei der Hauptform des Monuments um
einen „Vogel, der die Flügel ausbreitet und sich zur Sonne erhebt“. Die gegenüber den zackigen Formen des Leibes und des Kopfes flacheren Flügel tragen in feinem Ziegelsteinrelief, teppichhaft gemustert, auf beiden Seiten symbolische Formen: auf der Schauseite nach Osten links ein Menschenpaar, also Mann und Weib, auf der rechten Seite eine Mutter mit Kind. Auf der Rückseite sind die allegorischen Zeichen weniger deutlich erkennbar, lediglich einen Krieger mit Lanze bzw. Gewehr kann man erkennen. Hoetger selbst sprach in dem erwähnten Text ferner von den Symbolen für die Sonne, den Mond und die Erde. [...]

Der erste Entwurf Hoetgers zum Niedersachsenstein war als Siegesmal konzipiert, denn:

Trotz der Katastrophe von Langemarck im Oktober 1914, in der Tausende junger Freiwilliger in Artillerie- und MG-Feuer liefen und sinnlos sterben mussten- von der Heeresberichterstattung jedoch nicht objektiv dargestellt -, sollte auf dem Worpsweder Weyerberg ein Heldenhain mit Siegesmal eingerichtet werden. [...] Das Kirchspiel Worpswede stellte den Weyerberg zur Verfügung und führte Geldsammlungen durch. [...]
Durch die Dauer des Krieges und die seit etwa 1916 einsetzende Wendung bei Intellektuellen und Arbeitern, in dem Krieg Wilhelms II. ein unmenschliches Völkermorden zu sehen, wurde die Errichtung des Niedersachsensteins verzögert. [...]


Hoetgers erster Entwurf für den Niedersachsenstein (1915)
[Bildquelle: Aufsatz von Dietrich Schubert, Abb. 5]

Dieses Umdenken setzte auch bei Hoetger ein und führte schließlich dazu, dass er den Entwurf für den Niedersachsenstein überarbeitete.

Bis Mai 1921 reichte Hoetger ein neues Modell ein, das zur endgültigen Form hinführte; es wurde in der Worpsweder Kunsthalle ausgestellt. Die Öffentlichkeit und die Presse waren nicht nur nicht begeistert, man griff die Entwürfe sogar an. [...] In einer Selbstdeutung vom 3. Mai 1921 schrieb Hoetger an die „Tägliche Rundschau“: Ich entwarf kein expressionistisches Denkmal, sondern ein nordisches Zeichen für die gefallenen Krieger. Das Denkmal ist der künstlerische Ausdruck meines Erlebens. [...]

Das Denkmal wurde in Ziegel bis September 1922 vollendet. Hoetger fand wenig Lob. An [seinen Mäzen] Roselius schreibt er am 3. Oktober 1922: Lieber Freund, man sagt sich viel über mein Denkmal aus. In den „Bremer Nachrichten“ ein unflätiger Artikel. Auch spricht man hier vom Kaffee-Hag-Denkmal, - nett, nicht wahr?
In der „Weser-Zeitung“ vom 5. November 1922 war zu lesen: Dieser Niedersachsenstein steht fremd und wirr wie ein lächerliches Zwing-Uri in der ruhigen Landschaft (Karl Neurath). [...] Am 9. Mai 1931 schrieb Schröder [Rudolf Schröder, Mitglied des Worpsweder Künstlerkreises] in der „Weser-Zeitung“: Der Niedersachsenstein hat sich als Backstein-Schichtung, als seitlich gelegener Wasserkopf auf dem geduldigen Rücken des Weyerberges eingefunden...

„Niemand hat grössere Liebe denn die, dass er sein Leben lasset für seine Freunde“


Hoetger hat im Niedersachsenstein ein künstlerisches Denkmal gestaltet; aber er wollte auch verhüten, dass der Weyerberg mit einem sogenannten Kriegerdenkmal verunziert werde, wie er im Mai 1931 an Roselius schrieb.
Hoetger feiert in seinem Mal die Ideen der Liebe (nach dem Evangelium des Johannes), der Auferstehung und des Lebens in Frieden. Als Toten- oder Kriegerdenkmal wird der Stein erst durch die 173 Findlinge im unteren Kreis deutlich, die die Namen der im Krieg Gefallenen tragen. [...] Es erscheint keine Waffe, kein Kriegssymbol, nicht das Eiserne Kreuz, kein Schwert - statt dessen verschmelzen die zackig gefiederten Formen des großen Vogelwesens Phönix bei Sonnenaufgang mit dem Licht, so dass über dem Ring der Totensteine sich das Mal tatsächlich, dem Auferstehungsgedanken adäquat, erhebt. [...]
Bei Hoetger steht das Relief des Soldaten (Kriegers) auf der Westseite, also zum Sonnenuntergang; aber zum neuen Morgen des Sonnenaufgangs sind die Reliefs des Menschenpaares und der Mutter mit Kind gerichtet. Damit hat Hoetgers Werk auf differenzierte Weise die Idee der Auferstehung und Hoffnung auf Frieden anschaulich wirksam gemacht.


Die Denkmalanlage als Postkartenmotiv

Soviel also aus dem Aufsatz von Dietrich Schubert zum Niedersachsenstein. Für mich ist es erstaunlich, dass dieses expressionistische Denkmal während der Nazizeit nicht zerstört wurde - obwohl Hoetger damals zu den „entarteten“ Künstlern gezählt wurde und obwohl seine plastischen Hauptwerke nach seiner Ächtung zerstört wurden. Umso erfreulicher also, dass dieses Denkmal noch heute existiert und mit seiner ungewöhnlichen Form und Größe zum Nachdenken anregt - wenn man es denn erst einmal gefunden hat ;-)


Initialen und Daten findet man auf vielen Ziegeln an dem Denkmal -
wie hier aus dem Juni 1927...

...oder hier aus dem Jahr 1935

Einer der 173 Findlinge am Niedersachsenstein

Die Rückseite des Denkmals


Quellen: Fotos eigene (September 2015) bzw. wie angegeben; Text: Aufsatz von Dietrich Schubert: „Die Wandlung eines expressionistischen Krieger-Denkmals: Bernhard Hoetgers Niedersachsenstein 1915-1922“

Update „Haus Eichengrund“

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Über diesen Lostplace wird schon seit Jahren viel spekuliert, sowohl unter Urbexern als auch in Geocaching-Kreisen: das „Haus Eichengrund“ oder auch „Villa Eichengrund“.

So sah es an diesem Lostplace im September 2011 aus

Was es mit diesem unheimlichen Lostplace im Wald zwischen A352 und A7 auf sich hat, wurde kürzlich von der Redaktion des Magazins „Typisch Wedemark“ recherchiert und ist jetzt in dessen Januar-Ausgabe nachzulesen (Seiten 14-19). Ein wirklich interessanter Artikel!

Hier der Link: http://typisch-region-hannover.de/index.php/wedemark-2/typisch-wedemark-30-1-2016/

Auch auf diesem Blog gibt es weitere Informationen und viele Fotos zum „Haus Eichengrund“.

Alter Wasserturm

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Aufgrund eines Tipps von Dieter Schneider haben wir diesen alten Wasserturm in der Nähe von Salzgitter aufgesucht. Der Turm verfügt im oberen Teil über einen Wassertank - man kann ihn wegen der teilweise schon herabgestürzten Holzverblendung inzwischen gut erkennen. Laut Schneider wurde hier früher in den Wintermonaten Wasser für Dampfloks in den Tank gepumpt und dann mittels einer Heizungsanlage erwärmt.

Alter Wasserturm bei Salzgitter

Mit dem Ende der Dampflok-Ära hatte dann wohl auch dieser Turm ausgedient. Aus süd-östlicher Richtung wirkt der Wasserturm noch recht gut erhalten, während an der "Wetterseite" doch schon deutliche Spuren des Verfalls sichtbar sind. Das Mauerwerk ist schon arg in Mitleidenschaft gezogen und die Holzverblendung an der Turmspitze ist teilweise herabgestürzt.

Wie viele andere Lostplaces solcher Art beherbergt seit einiger Zeit auch dieser Wasserturm Nistkästen für Mauersegler, Sperlinge und Fledermäuse (Quelle: Siedlerbund Broitzem).

Hier fotografische Eindrücke vom Februar 2016:












Quellen: Fotos eigene (Februar 2016)

Der Schiebler'sche Privatfriedhof in Celle

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Die Familie Schiebler war zu ihren Lebzeiten eine überaus angesehene und einflussreiche Familie in Celle. Heute erinnert nicht mehr viel an sie, lediglich eine Straße in Celle trägt ihren Namen. Es existiert jedoch noch heute ein Privatfriedhof der Schieblers in Celle - von dem allerdings kaum jemand weiß und der heute leider in einem überaus erbärmlichen Zustand ist.

Blick auf den von Wacholdern und Tannen umgebenen Friedhof
Der Friedhof ist kaum mehr als solcher zu erkennen
Direkt neben dem Friedhofsgelände rauschen heute Züge vorbei

Bei Wikipedia erfährt man über die Familie Schiebler folgendes:

Die Baumschule J.L. Schiebler & Sohn war eine im Jahr 1775 gegründete und in den 1930er Jahren aufgelöste Gärtnerei und Baumschule in Celle. Sie wurde von fünf Generationen von Gärtnern aus der Familie Schiebler und Ebermann geleitet und umfasste gegen Ende der Unternehmensgeschichte eine bewirtschaftete Fläche von mehr als 150 ha.

Weitere Details zur Schiebler'schen Firmen- und Familiengeschichte hat Hendrik Altmann recherchiert und auf seinem Blog Found Places veröffentlicht. Es wäre müßig dies alles hier noch einmal zu wiederholen, daher empfehle ich bei Interesse einen Blick auf die entsprechende Seite: Die Geschichte des vergessenen Friedhofes bei Celle. Zusätzliche Infos zum Schiebler'schen Gut Tannholz, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft der Privatfriedhof liegt, findet man auf der Internetseite des Kulturkreises Fachwerk Celle: Gut Tannholz.

Ein Vergleich der aktuellen Fotos mit Aufnahmen aus Altmanns Beitrag (aus dem Jahr 2013) zeigt, dass sich in den letzten beiden Jahren der sowieso schon desaströse Zustand der Grabstätte noch einmal verschlechtert hat: Mittlerweile fehlt der Haupt-Grabstein mit den Lebensdaten J. Fr. Ludwig Schiebler (Geb. 16. November 1813, gest. 29. November 1882).

Ein letzter noch vorhandener Grabstein mit Inschrift:
Hier ruht unser lieber Sohn  Heinrich Ehlers... 1922...

„Lasset das Kind zu mir kommen denn seiner ist das Himmelreich.“

Das ist der letzte verbliebene Grabstein mit einer Inschrift, alle anderen Steine sind im Laufe der Zeit verschwunden. Von ihnen sind nur noch ein paar Sockel und Fundamente übrig geblieben.

Umgestoßener Grabstein

Um den Privatfriedhof der berühmten Celler Familie Schiebler steht es sehr schlecht. Hier müsste die Stadt Celle schnellstens tätig werden, um die allerletzten Überreste dieses Friedhofs zu retten und weiteren Vandalismus und Diebstahl zu unterbinden. Mit viel Aufwand wäre das sicher nicht verbunden, aber man müsste sich halt aufraffen...
Für mich scheint es jedoch wahrscheinlicher, dass auch die wenigen letzten Reste des Schiebler'schen Friedhofs bald verschwunden sein werden, und das wäre wirklich sehr zu bedauern.

Ein Blick zurück
Im Folgenden einige historische Dokumente zur Firma J.L. Schiebler & Sohn:

Nachricht über den Tod Ludwig Schieblers (geb. 3.9.1851 in Celle)

Quellen: Wikipedia; Fotos: eigene (Februar 2016)

Keramikmanufaktur Tönnieshof

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Tönnieshof ist ein Ortsteil von Fredelsloh im Solling. Dieser Ort ist bekannt für seine Töpferei- und Keramikprodukte.

Der Tönnieshof im März 2016

Die Unternehmerfamilie Carstens baute ab 1946 in Tönnieshof einen Betrieb für Feinsteinzeug (Gebrauchsgeschirr) auf, der sich in den 50er und 60er Jahren zu einem der Marktführer in diesem Bereich entwickelte. Ab dem Jahr 1953 produzierte man dort außerdem die seit den 20er und 30er Jahren in aller Welt bekannten Keramikfiguren der Wiener Firma Goldscheider in Lizenz. In Spitzenzeiten waren in Tönnieshof bis zu 500 Mitarbeiter beschäftigt. Der Betrieb verfügte außerdem über 41 Werkswohnungen, einen eigenen Laden und über ein eigenes Schwimmbad. Auf ca. 15.000 m² überdachter Fertigungsfläche wurde monatlich bis zu 250 Tonnen Fertigware produziert, was einen Jahresumsatz in Tönnieshof von 7 Mio. DM (1966) bewirkte. Viele weitere interessante Informationen zur Familie Carstens und zur Produktion in Tönnieshof findet man hier: Keramiksammler.

Infolge des ab Mitte der 1970er Jahre einsetzenden Strukturwandels in der Keramikindustrie und aufgrund von firmeninternen Fehlentscheidungen kam es 1977 zum Konkurs. Auch zwei Nachfolgegesellschaften gingen in den folgenden Jahren Konkurs. Heute existiert auf einem Teil des riesigen Firmengeländes nur noch ein kleiner 10-Mann-Betrieb.






Am alten Gebäude der ehemaligen Ziegelei E. Locke haben die
Initialen und das Entstehungsdatum die Zeiten überdauert



16 Uhr 25

Keramikprodukte und -formen hinter jedem Fenster




Das Tönnieshof-Carstens-Logo prangt noch immer über der Tür








Quellen: www.keramiksammler.de; www.goldscheider.de; www.geocaching.com; Täglicher Anzeiger Holzminden

Mord in Celle

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Am Samstag, 23. Juli 1927, verschwindet die 7-jährige Anni Scharringhausen aus Winsen/Aller. Zuletzt gesehen wird das kleine Mädchen in dem dunkelgrünen Wollkleid an jenem Tag um 14 Uhr auf dem Hof der Burgkaserne in Celle. Zwei Tage nach ihrem Verschwinden erscheint eine Vermisstenmeldung in der Celleschen Zeitung:

Meldung aus der Celleschen Zeitung vom 26. Juli 1927

Man darf vermuten, dass aufgrund dieser Meldung tatsächlich einige Hinweise bei der Kriminalpolizei eingegangen sind, denn am 1. August 1927 erscheint eine weitere Meldung aus dem Polizeibericht in der Zeitung:


Weitere 9 Tage später liest man in der Celleschen Zeitung erneut von der noch immer vermissten Anni Scharringhausen. Man sucht inzwischen einen Zeugen, der an jenem Samstag, nachmittags um 2 Uhr herum, von einem Radfahrer nach dem Weg gefragt wurde.


Ob sich der Zeuge gemeldet hat, ist leider nicht bekannt. Die Polizei hat nun allerdings den Namen des gesuchten Radfahrers, wie aus der Zeitungsmeldung vom 12. August 1927 zu erfahren ist. Es handelt sich um den Arbeiter Otto Schwägermann aus Habighorst, der die kleine Anni am Tag ihres Verschwindens auf dem Fahrrad mitgenommen haben will. Die Polizei sucht aber noch immer nach dem Kind.

Meldung vom 12. August 1927 aus der Celleschen Zeitung

Am 31. August 1927 schließlich berichtet die Cellesche Zeitung, dass der Vermisstenfall Anni Scharringhausen aufgeklärt ist. Der Tatverdächtige Arbeiter Otto Schwägermann hat am 30. August gestanden, sich an dem kleinen Mädchen vergangen und es dann auf bestialische Weise umgebracht zu haben.


Geschehen ist der Mord auf der Matthies'schen Koppel bei Altencelle-Burg. Hier fand man die Leiche des getöteten Mädchens. Noch heute, fast 90 Jahre nach dem Verbrechen, erinnert eine Holztafel mit folgender Inschrift an den grausamen Mord:

Wanderer beuge deine Knie und bete ein Vaterunser für die arme kleine Anni Scharringhausen. Sie starb hier am 23. Juli 1927, 7 3/4 Jahre alt, durch Mörderhand.

Die hölzerne Gedenktafel erinnert noch heute an den Mord
Hier wurde die Leiche des Mädchens gefunden

Über das Gerichtsverfahren findet sich leider kein weiterer Hinweis in der damaligen Presse, auch sucht man vergeblich nach einer Todesanzeige. Sollte jemand über weitere Informationen zu diesem Verbrechen verfügen, so würde ich mich über eine Kontaktaufnahme sehr freuen.

In diesem Waldstück fand man das ermordete Mädchen.
Hier erinnert noch heute die Gedenktafel an das Verbrechen.


Quelle: Nachrichten aus der Celleschen Zeitung aus dem Zeitraum vom 26. Juli bis 31. August 1927; Fotos: eigene (März 2016)

Lost Tanks

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Bei Straßenbauarbeiten in Celle sind kürzlich Tanks freigelegt worden, die zu einer vor über 30 Jahren geschlossenen Tankstelle gehörten. Natürlich ist dies kein wirklicher Lostplace, ich finde es aber dennoch spannend zu beobachten, wie nach Jahrzehnten plötzlich Dinge wieder ans Tageslicht kommen und an längst vergessene Orte oder Plätze erinnern. So verhält es sich auch mit der Tankstelle die einst an diesem Ort gestanden hat und an die man sich jetzt - zumindest für ein paar Momente - wieder zurückerinnert. Mit dem nun erfolgten Abbau der alten Tanks wird auch die Erinnerung an die ehemalige Tankstelle wohl endgültig "ad acta" gelegt...

Hier die zugehörige Meldung aus der Celleschen Zeitung:

Bericht aus der Celleschen Zeitung vom 1. 4. 2016

Quelle: Bericht aus der Celleschen Zeitung vom 1. 4. 2016

Das Mausoleum der Familie von Behr

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Das Mausoleum im Oktober 2015


Heinrich Behr erwarb im Jahre 1470 das Schloss Stellichte und begründete damit eine bis heute fortdauernde Bindung der Familie an diesen Ort.
Das alte Schloss, das durch einen Merianstich aus den 1650er Jahren bekannt ist, wurde 1704 von Johann Georg Wilhelm Behr abgebrochen und durch ein stattliches Herrenhaus ersetzt. Dieses Gutshaus wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Ulrich von Behr deutlich vergrößert und erhielt später noch einen weiteren Anbau. 

Das alte Stellichter Schloss auf einem Stich von Matthäus Merian von 1654/1658
[Link zum Original]

Zum Gut der Familie von Behr gehört auch ein Mausoleum, welches tief verborgen im Stellichter Gutsforst liegt. Das Mausoleum ist seit geraumer Zeit leer. Hier einige Impressionen aus dem Oktober 2015:











Das Mausoleum als Motiv auf einer alten Postkarte
Eine weitere alte Postkarte mit Motiven aus Stellichte


Quellen: Fotos: eigene (Oktober 2015) bzw. wie gekennzeichnet. Text: Infos aus der Stellichter Chronik von www.stellichte.de

Update - Freizeitpark Kirchhorst

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In der „Neue Presse“ vom 23. Mai 2016 erschien folgender Artikel über die mögliche neue Nutzung des Geländes des ehemaligen Freizeitparks als Ponyhof... (zum Lesen in besserer Auflösung: Klick mit rechter Mousetaste auf das Bild und dann in neuem Fenster/Tab öffnen):

Bericht aus der „Neue Presse“ vom 23. Mai 2016


Viele alte und aktuelle Fotos sowie die ganze Geschichte zum Freizeitpark Kirchhorst gibt es hier: Ehemaliger Freizeitpark Kirchhorst

Die Dömitzer Eisenbahnbrücke

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Der Bau der Eisenbahnbrücke über die Elbe bei Dömitz ging auf einen Beschluss der Berlin-Hamburger Eisenbahngesellschaft von 1869 zurück.

Die Dömitzer Eisenbahnbrücke

Eine neue Eisenbahnverbindung von Wittenberge bis nach Lüneburg sollte entstehen. Dieser Beschluss fand auch die Fürsprache des preußischen Königs Wilhelm. Sein Erlass findet sich in der „Gesetz-Sammlung für die königlichen preußischen Staaten“ aus dem Jahr 1870 mit folgendem Wortlaut:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen.
Nachdem die Berlin-Hamburger Eisenbahngesellschaft in der Generalversammlung ihrer Aktionaire vom 24. November 1869 den Bau und Betrieb einer Zweig-Eisenbahn von Wittenberge über Dömitz und Lüneburg bis zum Anschlusse an die Osnabrück-Bremen-Hamburger Eisenbahn beschlossen hat, wollen Wir der gedachten Gesellschaft zu dieser Erweiterung ihres Unternehmens bezüglich des diesseitigen Staatsgebietes Unsere landesherrliche Genehmigung auf Grund des beigefügten, hierdurch von Uns bestätigten Statutnachtrages ertheilen.
Zugleich wollen Wir der Gesellschaft das Recht zur Expropriation und vorübergehenden Benutzung der für die Bahnanlage erforderlichen Grundstücke nach Maaßgabe der in den einzelnen Landestheilen bestehenden gesetzlichen Vorschriften hierdurch verleihen.
Die gegenwärtige Urkunde ist nebst dem Statutnachtrage durch die Gesetz-Sammlung zu veröffentlichen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Schloß Babelsberg, den 16. Juni 1870.
(L.S.) Wilhelm.



Der Streckenverlauf wurde geplant, und die Stadt Dömitz, die zu dieser Zeit als stärkste mecklenburgische Landfestung von großer militärstrategischer Bedeutung war, wurde als Standort für die neu zu bauende Elbquerung auserkoren. In der Dömitzer Festung war ein mecklenburgisches Regiment stationiert, in dessen Zuständigkeit nun auch die Verteidigung des Brückenbauwerks fiel. Die Brücke selbst erhielt an jedem Ende ein starkes Bollwerk mit massiven Türmen, Zinnenkranz und Schießscharten zu beiden Seiten der Gleise. Kasemattenähnliche Gewölbe durchzogen das Erdgeschoss. Das am westlichen Ufer gebaute Brückenhaus ist bis heute in nahezu unveränderter Form erhalten geblieben, wie die folgenden Fotos zeigen:

Brückenhaus am westlichen Ufer der Elbe




Das Brückenhaus auf dem Ostufer der Elbe existiert nicht mehr. Hier ist es allerdings auf zwei alten Postkarten zu sehen:

Die Dömitzer Brücke mit Brückenhaus vom Ostufer aus gesehen

Die Brücke von Dömitz aus gesehen
(Bild von der Infotafel abfotografiert)

Der folgende Kartenausschnitt zeigt den geplanten (und dann auch realisierten) Streckenverlauf und die Lage der Eisenbahnbrücke bei Dömitz:


In der eingangs schon erwähnten „Gesetz-Sammlung für die königlichen preußischen Staaten“ findet sich unter „Vierter Nachtrag“ in §2 noch folgendes zur geplanten Brücke:

[...] Die Elbbrücke bei Dömitz darf höchstens 2000 Schritt von der Zitadelle zu Dömitz entfernt sein und muß eine Drehbrücke [...] enthalten. Außerdem sind zwei Strompfeiler mit Demolitionsminen zu versehen und die beiderseitigen Zugänge der Brücke durch tambourartige Abschlüsse mit Wachtblockhäusern zu sichern. 

Hier wird noch einmal die strategische Bedeutung der Brücke deutlich. Der drehbare Brückenteil war zudem nicht nur dazu gedacht, den Schiffen die Passage zu erleichtern sondern auch dazu, die Eisenbahnlinie notfalls ohne großen Aufwand unterbrechen zu können.

Die Dömitzer Eisenbahnbrücke hatte eine Gesamtlänge von 1.050 Meter. Sie bestand neben den beiden Brückenhäusern aus 16 kleinen Brückenbögen à 33,90 m auf dem westlichen Ufer der Elbe, am Ostufer standen 4 dieser Bögen. Dazwischen lag die Drehbrücke mit 38,30 m Länge sowie 4 große Brückenbögen à 67,80 m. Die Bauarbeiten begannen am 8. September 1870 und dauerten bis in den August 1873. Das Ende der Bauarbeiten findet auch Erwähnung in der Dömitzer Stadtchronik: „Am 29. August 1873 das letzte Niet in die stählernen Rundbögen eingeschlagen.“ Die Inbetriebnahme der Brücke erfolgte schließlich am 18. Dezember 1873, als der erste Personenzug über sie hinweg fuhr.

72 Jahre später, in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, kam das plötzliche Ende für die Dömitzer Eisenbahnbrücke. Es war der Nachmittag des 20. April 1945, als die Brücke von fünf amerikanischen Jagdbombern angegriffen wurde. Dabei wurde der östlichste Strompfeiler vor der Drehbrücke so stark beschädigt, dass eine der Stromüberbauten einseitig in die Elbe stürzte. Die Bahnverbindung war damit unterbrochen.
Nach dem Krieg stellte die Elbe an dieser Stelle die Grenzlinie zwischen der Bundesrepublik und der DDR dar. Eine Instandsetzung der Brücke und Wiederinbetriebnahme der Eisenbahnstrecke wurde zwar einige Male diskutiert, doch selbst nach der Wiedervereinigung nie ernsthaft verfolgt.
Ende 1948 wurden die beschädigten Brückenteile beseitigt. Erst 30 Jahre später, im Juli 1978, ließ die Deutsche Bundesbahn wegen akuter Einsturzgefahr der Strompfeiler die drei verbliebenen Stromüberbauten entfernen und verschrotten. Auch die Strompfeiler selbst wurden abgetragen. Die Reste der Drehbrücke, die östlichen vier Flutöffnungen und der östliche Brückenkopf wurden 1987 im Zuge der Grenzsicherung durch die DDR abgerissen. Die bis heute erhalten gebliebenen 16 Flutöffnungen und der Brückenkopf auf der westlichen Seite stehen unter Denkmalschutz.

Nachkriegs-Zustand der Brücke bis 1978
[Ursprüngliche Aufnahme hier]

Die Eisenbahnverbindung von Wittenberge nach Dömitz wurde nach dem Zweiten Weltkrieg noch kurz und in stark eingeschränktem Umfang wieder aufgenommen. Aber bereits im November 1947 wurde diese Strecke endgültig stillgelegt. Die Oberbaumaterialien wurden demontiert und als Reparationsleistung in die Sowjetunion verbracht. Der westliche Streckenteil von der Brücke bis zum Bahnhof Dannenberg Ost diente nach dem Krieg zunächst zum Abstellen beschädigter Güterwagen. Im Jahr 1955 ließ die Bundesbahn auf diesen acht Kilometern die noch relativ neuen Oberbaumaterialien ausbauen und gegen älteres Material ersetzen. Das Gleis wurde aber befahrbar wiederhergestellt. Erst später wurden dann auch hier die Gleise endgültig abgebaut. Der Streckenverlauf lässt sich auch heute noch gut im Gelände nachvollziehen. Vor einigen Jahren konnte man sogar auf dem Damm westlich der Brücke noch die Reste der Holzschwellen finden. Die Eisenbahnlinie von Dannenberg Ost nach Lüneburg wird auch heute noch planmäßig im Personenverkehr bedient. Das östliche Ende der Strecke wird heute durch den Verladekran für die Castor-Behälter markiert. Planmäßiger Güterverkehr findet auf der Strecke seit Januar 1998 nicht mehr statt.

Blick von West nach Ost
Im Bildhintergrund die nach der Wiedervereinigung neu gebaute Straßenbrücke über die Elbe

Der noch erhaltene Brückenkopf ist heute ein lohnendes Ausflugsziel und sehenswertes Bauwerk der Industrie- und Verkehrsgeschichte in Norddeutschland. Im April 2010 wurde die Dömitzer Eisenbahnbrücke versteigert. Auf der Internetseite des Auktionshauses Karhausen gab es dazu diese Informationen:


Am Samstag, 10. April 2010, kurz nach 14 Uhr, war es dann soweit: Die historische Dömitzer Eisenbahnbrücke wechselte für 305.000 Euro ihren Besitzer. Per telefonischem Gebot hatte Dr. Tony Bienemann aus Arnheim eines der Symbole deutscher (Teilungs-)Geschichte ersteigert. Verschiedene Ideen zur Nutzung der Brücke hatte der neue Besitzer in den Wochen nach der Versteigerung gesammelt, wie z.B. diese, einen alten Zug auf die Brücke zu stellen und ein Café darin einrichten, oder einen Erlebnispfad für Naturliebhaber mit einem Aussichtspunkt zu schaffen. Bis heute ist allerdings nichts dergleichen realisiert.

Linktipp zu einer sehr interessanten Seite mit vielen Infos und tollen alten und neuen Aufnahmen (nicht nur) zur Dömitzer Eisenbahnbrücke: Wendland-Archiv.


Quellen: Wikipedia, www.doemitz.de, www.wendland-net.de, Infotafeln vor Ort.
Fotos: Eigene (Oktober 2015) bzw. wie angegeben.

Alte Tankstelle

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Ehemalige ARAL-Tankstelle in Salzgitter

In Salzgitter-Watenstedt steht diese ehemalige ARAL-Tankstelle gut versteckt vor neugierigen Blicken. Wie man aus dem Internet erfahren kann, verlor sie wohl mit dem Bau einer Umgehungsstraße Ende der 1970er Jahre an Bedeutung. Ich vermute, dass die Tankstelle fortan nicht mehr direkt angefahren werden konnte und deshalb nicht genügend Umsatz machen konnte.

Auch heute gelangt man nur über einen kleinen Umweg auf das Gelände. Hier ein paar Impressionen aus dem Februar 2016:





Im April 2009 waren noch nicht alle Fenster verbrettert.
Sonst hat sich nicht viel verändert. Foto: A vacationer
[Link zum Originalbild]



Hier hat jemand ein neues Zuhause gefunden!







Quellen: Fotos eigene (Februar 2016) bzw. wie angegeben. Vielen Dank an „A vacantioner“ für die Erlaubnis zur Verwendung des Fotos.

Niederländische MG-Bunker

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In der Nähe von Vlagtwedde haben wir im Mai 2016 am „Ruiten-Aakanaal“ diesen kleinen Bunker entdeckt. Es handelt sich hierbei um einen einfachen niederländischen MG-Bunker vom Typ „Stekelvarken-Kazemat“. Von diesem Typ wurden 1939 rund 700 Exemplare entlang der niederländischen Ostgrenze zur Verteidigung von Brücken und Wasserstraßen erbaut. Es sind noch heute viele dieser Bunker erhalten und überall entlang der Grenze zu finden.







Bildquelle: http://geschutopdewageningseberg.blogspot.de/2012_04_01_archive.html


Ein weiteres Exemplar dieses Bunkertyps befindet sich nur wenige Kilometer entfernt bei der Festung Boutange:






Quellen: Infotafel an einem dieser Bunker; Internetseite bunkerpictures.nl; Fotos: eigene (Mai 2016)

Hotel Beograd

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Während unseres Urlaubs in Kroatien haben wir im Juli 2016 das Hotel Beograd in Umag besucht.

Das ehemalige Hotel Beograd in Umag

Einst war es eines der prachtvollsten Hotels in der Stadt, nach Jahren des Leerstands ist es heute nur noch eine marode Hülle. Es ist wirklich eine Schande, dass solch ein Gebäude in bester Lage in einem so schlechten Zustand ist.
Auf einigen Internetseiten erfährt man, dass dieses Hotel nach den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien noch eine Zeit lang als Flüchtlingsunterkunft diente. Seit diesen Tagen Mitte der 90er Jahre steht das Haus aufgrund ungeklärter Besitzverhältnisse leer und ist dem Verfall preisgegeben.

Postkarte mit dem Hotel Beograd vermutlich aus den 1970er Jahren
Das Hotel Beograd als Postkartenmotiv in besseren Tagen...
...und die gleiche Ansicht heute
Ausgang zur ehemaligen Terrassenanlage

Blick durch den Zaun

Von der Promenade aus gesehen bietet der Hotelkomplex keinen schönen Anblick




Zwei neue Hotelgäste

Ein letzter Blick zurück auf das Haus am Meer

Ob wir dieses Hotel bei unserem nächsten Besuch in Umag wohl noch vorfinden werden..? Da müsste jemand sicher viel Geld in die Hand nehmen - und dass das geschehen wird ist wohl mehr als unwahrscheinlich. Dennoch habe ich im Internet eine Webseite entdeckt, auf der zu sehen ist, wie das restaurierte und ausgebaute Hotel Beograd einmal aussehen könnte: Projekt Hotel Beograd.

Screenshot Hotelrestaurierung
[Link zum Originalbild]

Ein sehr lesenswerter Bericht über dieses Hotel findet sich hier: Hotel Beograd.


Quellen: Fotos eigene, bzw. wie gekennzeichnet
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